Anne Stangenberg

Heilpraktikerin (Psychotherapie)

„Aber du siehst doch ganz normal aus“


  • Was bedeutet es, mit einer unsichtbaren Krankheit zu leben?
  • Warum ist Anerkennung so schwer – gerade bei seelischem Leid?
  • Wie wirken sich Vorurteile und Fehleinschätzungen im Alltag aus?
  • Was brauchen Menschen, die innerlich kämpfen, aber äußerlich funktionieren?
  • Und: Was können wir als Gesellschaft anders machen – ehrlicher, offener, menschlicher?

Wenn das Unsichtbare übersehen wird

Vielleicht haben Sie diesen Satz schon einmal gehört. Vielleicht haben Sie ihn selbst gedacht – oder gespürt, wie er trifft, auch wenn er gar nicht böse gemeint ist: „Man sieht dir gar nichts an.“

Was als Kompliment gedacht ist, kann wie eine Ohrfeige wirken, wenn man innerlich mit Ängsten kämpft, erschöpft ist, traurig oder leer – und trotzdem weiterarbeitet, funktioniert, die Fassade aufrechterhält. Viele psychische Erkrankungen zeigen sich nicht durch ein auffälliges Äußeres. Sie hinterlassen keine sichtbaren Spuren wie ein Gips, ein Verband oder eine Narbe. Und gerade das macht sie so schwer zu verstehen – für andere, aber oft auch für die Betroffenen selbst.

Was nicht sichtbar ist, wird leicht übersehen

Psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, Trauma-Folgestörungen oder auch chronische Erschöpfungszustände wie beim Chronic Fatigue Syndrom gehören zu den häufigsten Erkrankungen unserer Zeit. Und trotzdem sind sie in vielerlei Hinsicht noch immer unsichtbar. Nicht nur körperlich – sondern auch gesellschaftlich.

Viele Menschen sprechen nicht darüber, weil sie Angst haben, nicht ernst genommen zu werden. Weil sie erlebt haben, wie schnell die eigene Belastung kleingeredet wird. Oder weil sie sich selbst nicht zugestehen, krank zu sein – solange sie doch noch aufstehen, reden, lächeln können.

„Ich hätte nie gedacht, dass es dir so schlecht geht“

Dieser Satz fällt oft, wenn jemand sich zum ersten Mal öffnet. Wenn die Maske fällt. Wenn die Müdigkeit, die Panik, die Leere endlich Worte finden. Und meist schwingt in diesem Satz etwas mit: Überraschung. Manchmal auch Erschrecken. Vielleicht ein schlechtes Gewissen.

Denn in unserer Vorstellung haben psychische Erkrankungen ein Gesicht. Wir glauben, man müsse sie sehen: im vernachlässigten Äußeren, in Tränen, Rückzug, Zusammenbrüchen. Doch das stimmt so nicht. Viele Menschen lernen sehr früh, ihr inneres Chaos zu verbergen. Aus Scham. Aus Angst. Oder einfach, weil es erwartet wird.

Leiden ohne Ausdruck – was das mit einem Menschen macht

Wenn ein seelischer Schmerz nicht gesehen wird, verstärkt sich oft das Gefühl von Isolation. Das eigene Erleben wird in Frage gestellt: „Stelle ich mich nur an?“„Andere haben es doch auch schwer.“„Ich hab ja gar keinen Grund, mich so zu fühlen.“

Solche Gedanken sind typisch – und sie können sehr zerstörerisch sein. Denn wer das eigene Leid nicht anerkennt, wird es auch schwerer haben, Hilfe zuzulassen oder sich selbst mitfühlend zu begegnen. Und das wiederum kann Symptome verschärfen. Ein Teufelskreis, der das Unsichtbare auch innerlich zum Schweigen bringt – verdrängt, verleugnet, ignoriert – bis das eigene Leid keine Sprache mehr hat.

Was Anerkennung verändern kann

Anerkennung bedeutet nicht Mitleid. Es bedeutet: Wahrnehmen. Zuhören. Aushalten, dass es jemandem nicht gut geht, ohne ihn sofort aufrichten oder reparieren zu wollen. Es bedeutet auch, eigene Unsicherheiten zuzulassen: „Ich sehe nicht, was du fühlst – aber ich glaube dir.“

Gerade bei unsichtbaren Erkrankungen ist diese Haltung oft der erste Schritt, der etwas bewegt. Für Betroffene kann es ein Moment der Erleichterung sein – zu erleben, dass man sich nicht ständig erklären oder rechtfertigen muss. Und für das Umfeld kann es der Beginn eines neuen Verständnisses sein: weg von der Bewertung, hin zur Beziehung.

Was bleibt – und was möglich ist

Unsichtbares Leid ist real. Es verändert Leben. Es fordert Kraft – oft jeden Tag. Und manchmal ist schon das Weitermachen eine Leistung, die niemand sieht.

Wenn Sie selbst betroffen sind, ist vielleicht genau jetzt ein Moment, um sich selbst ein Stück mehr Ernsthaftigkeit zuzugestehen. Sich nicht nur zu fragen, wie Sie weiter durchhalten – sondern auch, wo Sie sich Unterstützung erlauben dürfen. Denn Stärke zeigt sich nicht immer im Stillhalten. Manchmal zeigt sie sich darin, das Unsichtbare zu benennen.

Und wenn Sie Menschen kennen, bei denen Sie sich fragen, ob alles so „normal“ ist, wie es scheint – fragen Sie lieber einmal mehr nach. Nicht aufdringlich, sondern offen. Ein einfaches „Wie geht es dir wirklich?“ kann mehr bewirken, als Sie ahnen.

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Anne Stangenberg
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